Außer den 7 Top Führungskompetenzen sind es bestimmte Charaktereigenschaften, die den Erfolg einer Führungskraft ausmachen. Diese sind – im Gegensatz zu Kompetenzen – nur schwer oder gar nicht erlernbar oder veränderbar, weil sie entweder genetisch bedingt oder in der frühen Kindheit geprägt wurden. Welche Eigenschaften in der Praxis wichtig sind, hängt davon ab, ob es sich bei den Führungskräften um Unternehmer, General Manager oder Selbstständige handelt. Dies verdeutlicht der berufsbezogene Persönlichkeitstest (BPT), der mit einer Stichprobe von rund 30.000 Personen validiert wurde. Die Abbildung 1 zeigt zusammenfassend, dass alle Führungskräfte effektiv planen, organisieren, kommunizieren und kontrollieren müssen. Diese Kompetenzen sind zwar wichtig, entscheidend sind aber die Persönlichkeitsmerkmale, weil sie eine größere Vorhersagekraft (Fachbegriff prädiktive Validität) haben.
Abb. 1: Unterschiedliche Persönlichkeiten, gleiche Kompetenzen von Führungskräften
Es gibt ungefähr 5.000 Persönlichkeitsmerkmale und Charaktereigenschaften. Das wirft wichtige Fragen auf:
Die treffende Einschätzung des zukünftigen Verhaltens (und somit der Leistung) einer Führungskraft ist in der Führungskräfteentwicklung einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Eine Fachkraft soll über Kompetenzen verfügen, die sie bisher in der Praxis kaum oder gar nicht praktizieren und somit erwerben konnte. Das nennt man Potenzial (siehe dazu die Seite Potenzialanalyse).
Die (korrekte) Einschätzung des Potenzials ist so wichtig, weil die Besetzung wichtiger Positionen in Unternehmen mit dafür nicht geeigneten Personen eine der größten Fehlinvestitionen ist. Hinzu kommen negative emotionale Begleiterscheinungen wie Frustration, negativer Stress, destruktive Konflikte und politische Machtkämpfe. Das kommt regelmäßig vor, wenn man zum Beispiel Personen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung einstellt, befördert und/oder mit Macht ausstattet. Fehlbesetzungen senken die Produktivität dramatisch.
Zur Beantwortung der Kernfrage nach den Anforderungen an Führungskräfte müssen wir zunächst einige Grundbegriffe und klären.
Persönlichkeit ist die Summe aller (typischen) Merkmale oder Eigenarten eines Menschen. Umgangssprachlich werden Persönlichkeitsmerkmale auch als Charakter oder Charaktereigenschaften bezeichnet. Man kann beide Begriffe synonym verwenden. Persönlichkeitsmerkmale können eine positive (zum Beispiel Begeisterung) oder eine negative (zum Beispiel Narzissmus) Ausprägung haben. Diese Ausprägungen und das Profil kann man mit einem validierten Persönlichkeitstest „messen“.
Es ist wissenschaftlich noch nicht geklärt, welchen Einfluss Vererbung, Erziehung und Lernen haben. Für die Persönlichkeitsdiagnostik ist entscheidend, dass es sich bei diesen Merkmalen um beobachtbare, verfestigte Gewohnheiten handelt, wie Menschen in bestimmten Situationen auf ihre typische Art und Weise reagieren.
Die Tatsache, dass Gewohnheiten meist tief verwurzelt sind, macht es möglich, das zukünftige Verhalten vorherzusagen. Das ist allerdings nur mit validierten Testverfahren möglich (prognostische Validität). „Sternzeichen“ sind ein Beispiel für nicht valide Persönlichkeitsbeschreibungen.
Der Eindruck, dass derartige Persönlichkeitsbeschreibungen (siehe zum Beispiel den DISG-Persönlichkeitstest oder das Reiss-Profil) scheinbar zutreffende Beschreibungen liefern, entsteht durch den Barnum-Effekt. Die Diskussion und Beschreibung wichtiger Persönlichkeitstests sowie deren Vor- und Nachteile finden Sie in dem Buch "Persönlichkeit gewinnt", das im Schäffer-Poeschel Verlag erscheinen ist (siehe auch die Seite "Berufsbezogener Persönlichkeitstest - BPT".
Die Beispiele sollen zeigen, wie wichtig es ist, die Persönlichkeit realistisch einzuschätzen. Dazu gibt es in der Wissenschaft so genannte Gütekriterien für Fragebögen, die bei Persönlichkeitstests verwendet werden. Nach diesen Gütekriterien sollten Sie fragen, wenn man Sie zu einem Persönlichkeitstest auffordert. Siehe dazu den Artikel: "Gütekriterien von Fragebögen".
Beispiele für Persönlichkeitsmerkmale sind Begeisterungsfähigkeit, Ehrgeiz, Intelligenz, Neugier, Optimismus oder emotionale Stabilität/Empfindlichkeit. Das Besondere daran ist, dass diese Eigenschaften nur wenig oder gar nicht veränderbar oder lernbar sind.
Auch der Volksmund sagt, man könne einen Menschen nicht verändern. Aus diesem Grund sind Persönlichkeitsmerkmale für die Auswahl von Kandidaten für bestimmte Aufgaben und Positionen entscheidend.
Dagegen sind Kompetenzen (Fähigkeiten) wesentlich leichter veränderbar oder lernbar. Beispiele für Kompetenzen sind:
Die Unterscheidung zwischen Kompetenzen und Persönlichkeitsmerkmalen hat eine ethische und eine wirtschaftliche Dimension. Es kann nicht Aufgabe eines Unternehmens sein, die Persönlichkeit eines Menschen zu verändern.
Abgesehen davon, existieren (auch in der Psychotherapie) keine Lern- oder Beeinflussungsmethoden (außer eventuell der „Gehirnwäsche“), mit denen man die Persönlichkeit mit einem vertretbaren Aufwand verändern könnte.
Dagegen sind Kompetenzen mit traditionellen Lern- und Trainingsmethoden relativ einfach zu erwerben. Für die Praxis der Personal- und Führungskräfteentwicklung bedeutet das:
Eine detaillierte Liste mit den wichtigsten Persönlichkeitsmerkmalen, Kompetenzen und Wertvorstellungen finden Sie unter dem Link Stärken und Schwächen Liste.
Entscheidend für den Unternehmerischen Erfolg ist die Kombination von Persönlichkeitsmerkmalen, Kompetenzen und Wertvorstellungen, die notwendig ist, die Ziele der Organisation umzusetzen.
Ob Kostenstelle, Projekt oder Unternehmen – als Führungskraft Ihren Verantwortungsbereich wirtschaftlich erfolgreich zu leiten, ist der Schlüssel für Ihre Karriereentwicklung. Dies gilt für Unternehmer, Gründer, General Manager oder Projektleiter gleichermaßen.
Zu den Kernkompetenzen einer effektiven Führung gehören:
Die erfolgreiche Wahrnehmung dieser Aufgaben (gemessen mit wirtschaftlichen Kennzahlen) und die Analyse und Entwicklung der erforderlichen Persönlichkeitsmerkmale und Kompetenzen von Ihnen und Ihrem Team ist entscheidend für den Erfolg in jeder Organisation – vom global agierenden Konzern bis zum lokalen Sportverein.
Erfahren Sie mehr über die Schlüsselqualifikationen für Führungskräfte und wie Sie diese in Ihrem Bereich umsetzen können, indem Sie den Links im nachfolgenden Abschnitt folgen.
Es war lange umstritten, ob und welche Persönlichkeitsmerkmale oder Charaktereigenschaften für den Führungserfolg wichtig sind. Diese eher „theoretische“ oder philosophische Diskussion wird immer mehr durch praxisorientierte, empirische Studien abgelöst.
Beispielsweise hat eine Studie der Harvard University keinen Leistungsunterschied zwischen extravertierten und introvertierten Führungskräften gefunden. Die Frage ist also, welche Persönlichkeitsmerkmale relevant sind.
Grundlage ist die „Messung“ von Kompetenzen, Persönlichkeitsmerkmalen, Werten und Erfolgen (Ergebnissen) mit validierten Testverfahren. Auch in der Führungskräfteentwicklung setzt sich die Überzeugung durch, die besagt:
„you can’t manage what you don’t measure“.
In manchen Unternehmen ist das nicht selbstverständlich, wie es die Verbreitung nicht validierter (horoskopartiger) Testverfahren zeigt. Siehe dazu den Beitrag von Viktor Lau zum Thema Management-Esoterik.
Führungserfolg kann man unterschiedlich messen. Alle Konzepte haben eines gemeinsam – und das ist der wirtschaftliche Erfolg (Produktivität und Rentabilität). Derartige „Messgrößen“ sind Spätindikatoren des Erfolges. Frühindikatoren sind Kennzahlen wie Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit.
Alle Kennzahlen haben neben dieser eher rationalen auch eine emotionale Dimension des Erfolges wie zum Beispiel Respekt, Wertschätzung, Anerkennung, Bewunderung oder Stolz auf das Erreichte.
Wie man auch immer den Erfolg messen will, stellt sich die Frage nach dem Zusammenhang mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen. Bis in die 1980er Jahre ging man davon aus, dass kein Zusammenhang besteht. Die neueste empirische Forschung konnte einige erfolgskritische Persönlichkeitsmerkmale identifizieren (siehe Fachliteratur unten).
Die nachfolgende Grafik veranschaulicht die Quintessenz aus der empirischen Forschung. Sie zeigt die Persönlichkeitsmerkmale, die sich in der Praxis als besonders wichtig für den Führungserfolg erwiesen haben (Grit = Charakterstärke).
Abbildung 1: Stand der Forschung zu Persönlichkeit erfolgreicher Führungskräfte
Unsere persönliche Befragung von rund 200 Geschäftsführern mittelständischer Geschäftsführer und eine Online-Befragung von rund 30.000 Fach und Führungskräften hat diese Persönlichkeitsmerkmale des GRIT-Tests im Wesentlichen bestätigt.
In beiden Studien ( Führungskompetenzen und Umsetzungskompetenzen) haben wir einen Erfolgsindex verwendet. Er wurde nach den Eigenschaften herausragender Unternehmerpersönlichkeiten nach Csíkszentmihályi entwickelt. Dieser Erfolgsindex enthält folgende Dimensionen (mit jeweils einem Beispiel-Item):
Der GRIT-Persönlichkeitstest hat zwei gravierende Nachteile. Zum einen erfasst er nur die Leistungsorientierung (mit zwei Dimensionen), und zum anderen ist er für den angloamerikanischen Sprachraum konzipiert. Außerdem sind zehn Items zu wenig, um die Persönlichkeit eines Menschen zu charakterisieren. Daher war es notwendig, einen neuen Persönlichkeitstest zu entwickeln, der zur deutschen Kultur passt und für Fach- und Führungskräfte in der Arbeitswelt konzipiert ist. Das Ergebnis ist das Gießener Inventar der Persönlichkeit (GIP) mit vier Dimensionen, zwölf Persönlichkeitsmerkmalen und 84 Items (Verhaltensbeschreibungen).
Die nachfolgende Abbildung visualisiert zusammenfassend die Struktur dieses Persönlichkeitstests. Er wurde anhand einer Stichprobe von 19.209 Personen validiert. Die Einzelheiten finden Sie auf der Seite „Das Gießener Inventar der Persönlichkeit“. Aus diesem Inventar wurde der oben genannte Berufsbezogene Persönlichkeitstest entwickeln und veröffentliche. Die Abbildung zeigt die vier Dimensionen mit jeweils zwei Polen (Stärken und Schwächen). Die Persönlichkeitsmerkmale und Items sind möglichst nah am beobachtbaren Verhalten im beruflichen Alltag orientiert.
Abbildung 2: Persönlichkeitstest - das Gießener Inventar der Persönlichkeit (GIP)
mit zwei Polen (Stärken und Schwächen)
Beispielsweise begegnet man einerseits Personen, die ihren Verantwortungsbereich kreativ gestalten, ständig Neues lernen und eine Kombination von Ehrgeiz und Optimismus zeigen. Andererseits findet man im (beruflichen) Alltag Menschen, die eine passive Konsumhaltung zeigen, gegenüber neuem verschlossen sind, sich nicht verändern (lernen) wollen und von einer pessimistischen Ängstlichkeit beherrscht sind und am liebsten nur das machen, was sie „schon immer" gemacht haben. In Organisationen mit einer Vielzahl solcher Charaktereigenschaften verpuffen alle „Change Management Programme“.
Auch bei der Dimension „Sozialverhalten“ gibt es zwei Pole. Das eine sind Menschen, die sich für Fairness in den zwischenmenschlichen Beziehungen engagieren, gern Verantwortung übernehmen und vertrauensvolle Beziehungen aufbauen und pflegen. Das Gegenteil kann man ebenfalls im Berufsleben beobachten: Menschen, die einen selbstsüchtigen Egoismus an den Tag legen, nur an den persönlichen Vorteil denken und dabei politisch taktieren und ihren Mitmenschen mit arroganter Distanz und Gleichgültigkeit begegnen.
Diese Beispiele sollen zeigen, welche Anforderungen an Führungskräfte und deren Persönlichkeit gestellt werden sollten. Niemand ist perfekt und verfügt nur über Stärken (positiver Pol in der Abbildung 2). Auch Schwächen lassen sich nicht vermeiden. Von Führungskräften sollte man aber erwarten, dass sie sich ihrer Schwächen bewusst sind und daran arbeiten. Genauso sollten sie an ihren Stärken arbeiten, weil sie nur mit diesen Erfolge (Ergebnisse) erzielen werden. Über Ihre Vorbildfunktion, die den größten Einfluss auf ihre Mitarbeiter hat, werden sie eine Verhaltensänderung bewirken und das Verhalten in ihrem Team - bildlich gesprochen - von rechts nach links bewegen.
Wenn das nicht gelingt, bewegt sich die gesamte Unternehmenskultur von links nach rechts. Der Volksmund hat dazu eine passende Metapher gefunden: „Der Fisch fängt vom Kopf an zu stinken".Je früher Sie anfangen, desto größer sind die Erfolgsaussichten.
Wir unterstützen Sie gern dabei mit unserem Führungskräfte-Coaching.
Autor: Prof. Dr. Waldemar Pelz
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